Wir sitzen auf der Straße! Smart Roadster

Smart Roadster

“Bei Smart und Chrysler bezahlen sie dir 25€ für eine Probefahrt“ sagte mir mein Vater am Telefon. „Oh, nichts wie hin!“, so meine Antwort. Während mein Vater noch am gleichen Tag einen Chrysler 300C buchte, ließ ich mir Zeit, der August war ja noch sooo lang, und Anna und ich hatten mit der Wohnungssuche alle Hände voll zu tun.

In der dritten Augustwoche brauchten wir dringend einen Ausgleich, also flott den Chrysler Händler angerufen, Probefahrt im Crossfire Roadster buchen – sorry, bis September alles ausgebucht. Oops.

Bleibt nur noch Smart, um mit meinem liebsten Hobby Geld zu verdienen. Meine Erinnerungen an einen Smart fortwo CDI sind zwar ein Jahr alt, aber immer noch traumatisch. Aber es gibt ja noch den Roadster, der kippt wenigsten nicht um, und Anna will unbedingt Cabrio fahren.

Also flink Smart anrufen, und siehe da, für den nächsten Mittwoch war doch tatsächlich noch ein Nachmittagstermin für einen Smart Roadster frei.

Am nächsten Mittwoch goß es in Strömen. Wir schafften es gerade so, den vorläufigen Mietvertrag, den wir bei der Baubecon abgeholt hatten, trocken ins Auto zu packen, und fuhren allen Unwetters zum trotz zum Smart Stützpunkt in Garbsen. Wir hatten Glück: das Wetter wurde langsam etwas freundlicher, der Regen hörte auf. Nachdem in Garbsen mein Aldi Navi „Isolde“ dreimal abgeschmiert war, kamen wir mit zehnminütiger Verspätung an.

Es waren viele Leute da, und es gab einen speziellen Pult für die Probefahrten. Mit einem Termin gehörten wir zu den wenigen glücklichen, die dazu priviligiert waren, tatsächlich ein Auto zu fahren, leider nur für eine Stunde, obwohl zwei vereinbart waren.

Egal, Papierkrieg erledigt, Schlüssel her.

Auf dem Weg zum Auto versuchte der Verkäufer, Typ Multi-Kulti-Birkenstock-Enthusiast, mir ausführlichst die Vorzüge der Automatik zu erklären. Ich war tierisch genervt, weil die Zeit immer knapper wurde und ich möglichst lange fahren wollte.

Die Frage, ob die Schaltung baugleich mit der des normalen Smart City Coupes sei, inzwischen unter dem mehr oder weniger sinnigen Namen „for two“ bekannt, brachte den Autohausfuzzi endlich zum schweigen.

Am Auto angekommen, wurde ich erstmal stutzig. Schwarzes Roadster Coupe mit Prince Werbeaufklebern. 84 PS Ausführung. Na ja, was tut man nicht alles, um sich einem neuen Fahrerlebnis zu öffnen.

Aufschließen, wie gewohnt auf Knopdruck. Ich öffnete die Heckklappe der Glaskuppel, unter der sich so etwas wie ein Stauraum verbirgt, in dem man im Sommer tunlichst keine Schokolade reintun sollte, weil die sofort in alle Richtungen zerfließt.

Rasterlocke fängt an, mir das Dach zu erklären, und das man den Kofferraum (ja, er hat das Ding tatsächlich so genannt!!!) nur bis zu einer bestimmten Linie beladen dürfte, weil sonst das Dach bla bla bla.

Geschenkt. Ich hau die Haube zu, der Typ hält endlich für ein paar Sekunden seine Klappe, bevor es wieder mit seiner Automatik anfängt, und das die Bremse die verdammte Kupplung sei.

Ich greife zum Türschloß. Die Karre ist so verdammt flach, daß man sich mit seinem Hintern am Dach anlehnen könnte. Anna sitzt schon drinnen, und ich frage mich, ob ich mit meinem 1.81 den Hauch einer Chance habe, reinzukommen.

Es scheint zu klappen. Ich falle tief auf den Sitz, 10cm über mir schwebt das Verdeckgestänge. Ich versuche, den linken Fuß reinzutun. Klappt nicht, er hackt an der Tür. Jetzt Sitz ganz nach hinten, Fuß vorsichtig hineinmanöverieren – paßt!

Jubschka!

Der Innenraum ist eine wilde Plastiklandschaft, die für ein 8000km altes Auto ein wenig arg abgewrackt ist. Immerhin gibt es einen bis 200 km/h reichenden Tacho und Drehzahlmesser. Wie schnell die Karre wohl rennen mag?

Vor mir aus der Windschutzscheibe sie man eine sehr hübsche Hügellandschaft, die durch die Kotflügel maßgeblich gestaltet wird. Sehr hübsch, erinnert an den 911.

Ich brauch ein paar Sekunden, um das Zündschloß zwischen den Sitzen zu finden. Reinstecken, um drehen, und der 3-Zylinder-Turbomotor hinter mir und ein absolut grausames Blaupunkt Radio kommen zum leben.

Hmm, hört sich gar nicht so übel an, sobald man das Radio runterdreht. Kein Vergleich zu dem üblichen 3-Zylinder klackern wie im Smart CDI oder VW Polo 1.2, es hört sich wir ein richtiger Motor an.

Anna macht ihre Tür zu und wir sind die Nervensäge von einem Verkäufer los, hurra! Rückwärtsgang rein, Lenkrad flink herumgedreht – moment mal – was heißt flink, die Lenkung ist sauschwergängig! Keine Servo? Gibts doch nicht.

Offenbar doch. Na ja, egal, sobald das Auto rollt, wird die Lenkung viel leichter, und bei einem 790kg Auto macht eine Servolenkung auch nicht wirklich Sinn.

Die Übersicht nach hinten ist einfach nur miserabel, besonders störend ist der Holm der beiden Glasdachhälten. Rasterlocke läuft aufgeregt um das Auto rum. Vorwärtsgang rein, um ein paar Autos rumgekurvt, fast einen rückwärts fahrenden Ford gerammt und endlich auf der Straße.

Ich hau das Gaspedal durch, das Getriebe legt eine Windows-Gedenkminute ein, aber nach endlich langer Zeit geht es überraschend zügig voran. Kein Vergleich zu dem im Diesel, wo sich nach und nach die Agregate einschalten. Der Smart Roadster dreht rasant hoch, und das mit einem ordentlich Sound wie in einem richtigen Sportwagen. Wow, hätt ich einem Smart gar nicht zugetraut!

Leider ist bei knapp 6000 U/min mit dem hochdrehen Schluß, das Getriebe schaltet hoch, wir werden nach vorne geschleudert. Beim Gangwechsel quietschs, was ich allerdings nicht als auf einen Drehmomentüberschuß, sonder eher auf ein verschlissenes Getriebe hin deuten würde. Na ja, sei es drum, der kleine wird vermutlich ordentlich getreten.

Das erstaunliche beim Smart ist die Literleistung, die problemlos einem Ferrari paroli bieten kann. Im Falle das Brabus Roadsters mit 100 PS auf 0.7l Hubraum macht nach Adam Riese eine Literleistung von gut 143 PS, da wird jeder Lamborghini neidisch.

Die einzelnen Smart Motorisierungen unterscheiden sich übrigens nur durch den Ladedruck, man könnte also im Prinzip problemlos aus der 60PS Einstiegsvariante einen 100 PS Brabus Rennen machen.

An einer Ampel überlege ich, das es eigentlich sehr nett wäre, das Dach aufzumachen. Ob der Smart ein elektrisches Verdeck hat? Meine Augen suchen die Schalter auf der Mittelkonsole ab – und tatsächlich: einer sieht aus, als könnte er fürs Dach sein.

Ich drücke drauf, und tatsächlich: mit einem kurzen wupp-wupp-wupp rumpelt das Dach Richtung Schoko-Nicht-Aufbewahrungsbox.

Es kommen einige kurvige Straßen. Hier ist der Roadster in seinem Element: das kurvenfeeling ist einfach nur geil, super-direkt, praktisch ohne Karosseriebewegungen. Man sitzt praktisch auf der Straße, das Kurvenerlebnis ist noch direkter als im Porsche 911 C4, hätt ich nie für möglich gehalten.

Wir fahren auf die A2 Richtung Dortmund. Ohne Probleme fädeln wir uns ein, und ich dränge selbstbewußt auf die linke Spur. Der Tacho steigt. Bei 120 wird langsam laut, wenn auch längst nicht so derbe wie im Carrera.

Ich trete weiter aufs Gas. Anna wird es zu laut und zu zugig, ich schließe das Dach bei Tempo 160 (hoffentlich hält der das aus). Bei 170 ist langsam Schluß. Der Verkehr ist dicht, die Fahrerei macht wenig Spaß. Der Smart outet sich als Papiertiger: die Fahrzeuge vor uns machen brav Platz, aber wir haben nicht genug Power, um vorbeizukommen.

Bei Bad Nenndorf fahren wir ab. Es ist Zeit, an die Rückfahrt zu denken. Wir kurven noch ein wenig mit offenem Dach über die Landstraßen. Ich laß den Motor immer wieder hochdrehen, der Sound ist einfach zu herrlich.

Zurück auf die A2, die Straße ist frei, es geht leicht bergab, und der Smart schafft mit ein wenig Anlauf tatsächlich Tempo 200, also Tacho bis zum Anschlag. Wieviel mehr Spaß muß dieser Wagen machen, wenn er nur 50PS mehr hätte.

Ein Grinsen macht sich auf meinem Gesicht breit, daß mich den Rest der Fahrt begleitet. Schnell sind wir wieder beim Smart Center zurück. Der Ausstieg gestaltet sich genauso schwierig wie der Einstieg, irgendwie bleibt der Fuß immer an der Tür hängen. Ich glaube, in einer wirklich engen Parklücke hätte man keine Chance, herauszukommen.

Ich schaue mich noch mal um. Unglaublich, wieviel Platz doch in der kleinen Karosse ist. Eigentlich muß ein Auto nicht viel größer sein, ein Sportwagen schon gar nicht.

Schlüsselrückgabe, wir füllen den Bewertungsbogen nach Schulnotensystem aus (bei Beschleunigung hab ich ungenügend angekreuzt, lol). Rasterlocke ist gottseidank beschäftigt, aber es gibt noch andere Verkäufer, die mindestens genauso nerven und uns unbedingt einen „fortwo“verkaufen wollen, weil der ja so „vernünftig“ sei. Wer hat gesagt, daß ich ein vernünftiges Auto haben wollte?

Wir nehmen alle vorhandenen Prospekte mit, die der Verkäufer fleißig eintütet, und ziehen von dannen Richtung McDuff.

Fazit: der Smart Roadster ist gar nicht so übel. Er bietet bei im Stadverkehr und auf Landstraßen praktisch genauso viel Fahrspaß wie ein Porsche zu einem Bruchteil des Preises. Ok, die Schaltung ist eine Pest, ein Radio ist überflüssig, weil kein Platz für ne Baßbox da ist, aber für €5000 könnte ich bei der Kiste als Gebrauchtwagen durchaus in Versuchung kommen. Und mit einer auf 1l aufgebohrten Maschine mit 143PS wär der Roadster ein echter Lotus Killer.

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